Montag, 30. Oktober 2017

Finish ohne Ende ...

oder Ende ohne Finish 😟


Auch wenn es die Meisten nicht verstehen. Ich habe eine Medaille und eine Urkunde und doch nicht beendet.

War es doch nicht mein Ziel einen Marathon zu finishen.
Das Ziel war ganz klar 63 km 😩

Da so viele Fragen, ob es mir gut geht, ob ich verletzt sei, aufkamen, möchte ich versuchen, mich zu erklären, ohne ins Detail zu gehen.

Es waren die ganze Woche schon die Zeilen von Fury in the Slaughterhouse, die mir durch den Kopf gingen ...

Dies ist nicht die richtige Zeit für Fragen,
und auch nicht die richtige Zeit für Tränen.
Dies ist nicht die Zeit zu schlafen, jetzt wo wir gerade kämpfen,

und dies ist nicht die Zeit zu sterben.

Stell dir vor, du bekommst eine Diagnose, die mit gar nichts darauf hindeutet, dass du Angst haben musst.
Du wirst alt werden können, du bist in keiner Risikogruppe. Kein Übergewicht, kein Herzinfarktrisikopatient, Nichtraucher, keinen Alkohol, Sportler.
Und doch bleibt ein unkalkulierbares Risiko ...
Einer von 100.000 bei denen dies diagnostiziert wird ...
Keine Ursache bekannt ...
Kein Medikament auf dem Markt ...
Du musst damit leben und kannst nur eins tun: watch and wait!
Nicht mehr und nicht weniger.

Um vielleicht ein bisschen mehr zu erfahren, neue Chancen zu bekommen, fuhr ich am Sonnabend zu einem Info-Tag und hätte es sein lassen sollen.
Denn das Kopfkino ist ein unkalkulierbares Ding ...
Nachts vom Seminar geträumt ...
Morgens als erstes daran gedacht ...
Nach 35 km ...

Es lief so gut los.

Sonntag Morgens in Remscheid 😊

Das Unwetter hat den bergischen Kreis einigermaßen verschont. Bisschen Regen. Kühler geworden.

Parkplatz direkt vor der Sporthalle bekommen.
Startnummer bereits am Vortag abgeholt.
Stressfreier geht´s gar nicht mehr 😃

Als ersten Jens gesprochen, Ron ebenso. Zuletzt sahen wir uns in Wernigerode.



Corinna und Alex getroffen.


Alex hatte mich vor genau einem Jahr in Bad Salzuflen auf der FMB besucht. Vielleicht klappt es dieses Jahr auch wieder?!

Mit Michael und Andreas schon vor langer Zeit, als Ultra-Novizen so zu sagen, durch den Kellerwald gerannt.
Beim Brocken-Marathon vor 14 Tagen schon getroffen. In Remscheid dann mit Bild 😆


Vergeblich nach Andreas und Gerd Ausschau gehalten 😢

Pünktlich 8:30 fiel der Startschuss. Andreas und ich blieben zusammen. In 4 Wochen haben wir bereits ein gemeinsames Date in Bonn 😲 und konnten ein paar Dinge bequasseln.

In gemütlichen 5:50/km höppelten wir durch Lennep, um nach ca. 5 km Fahrt aufzunehmen. War mir doch etwas zu langsam.

Die folgenden Bergauf- und Bergabpassagen liefen richtig gut.
Letztens meinte mein Kollege beim gemeinsamen Lauf in Amberg: der läuft wie´n Flummi die Berge runter.
Ja. Das Fetzt. Macht Spaß. 
Auch bergauf kann ich konstant bleiben und konnte einige Schnaufende einsammeln.

Bis km 21, dem ersten Ziel beim Röntgen-Lauf, lief es einfach nur perfekt.

Die Strecke ist gut besucht und nicht so laut, wie man das von Stadtmarathons kennt. Fetzig. Leute nett. Alle gut drauf. Und das an einem Sonntagmorgen 😃

Die Zielgasse den Halbmarathonies überlassen und rechts gehalten. Der Sprechen nennt deinen Name, deinen Wohnort, die Zuschauer applaudieren. Du läufst weiter.

Das 2. Drittel unter die Füße nehmend. Stürmisch war es nur außerhalb des Waldes. Im Wald ist´s angenehm. Nur kalt, manchmal sehr kalt. Ich bin ein Weichei ...

Und Gedanken kommen auf.
Kalte Fingerspitzen. Durchblutungsstörungen. Griff zur Nase. Nein. Kein Bluten. Keine geschwollenen Hände. Wasserlassen klappt auch ...

Und doch ist bei km 30 der Stecker wie gezogen ...
Verpflegungsstand bei km 33.
Noch 30 km bis zum Ziel ...

Bis Kilometer 35 noch ok. Dann platzt die Bombe.
Ich kann an nichts anderes denken. Der Kopf macht zu.
Kein Horrorszenario. Und doch zu.
Ich gehe, versuche runter zu kommen. Laufe wieder an. Beobachte einen Habicht, der über uns kreist und seinen markanten Ruf ins bergische Land stößt. Denke an meinen Habichtswald zu Hause.

Auch keine wirkliche Lust die Kamera zu zücken. Wiederwillig machte ich ein Bild an der Müngstener Brücke, auf die ich mich so freute.
Auch die sonst so geliebten Downhillpassagen liesen das Herz kalt 😢 

Kilometer 37 die erste Erwägung eines DNF ...
Kilometer 39 stand der Entschluss fest ...
Aus!
Vorbei!
Ende!

Startnummer ab und ins 42,195-km-Ziel gegangen.

Die mich überholenden waren so lieb. Versuchten sie doch mich zu motivieren. Mich zum Laufen zu bewegen. Aber Nein.
Wenn dir der Arm fehlt, ein Bein, du kotzend am Streckenrand liegst, weiß jeder was los ist.
Die Gedanken im Kopf sieht man nicht.
Meine Krankheit sieht man nicht.
Watch and wait ...

Der Stadionsprecher sieht mich kommen:
"Der Mann in Rot."
"Ohne Nummer."

Wer Ahnung hat, wüsste was das heißen soll ...
Die Zuschauer applaudieren.
Mir ist einfach nur zum Heulen.
Jemand will mir eine Medaille um den Hals hängen. 
Ich zieh den Kopf weg und nehme sie in die Hand.
Ich habe sie mir nicht verdient.
Sie nicht gewollt.
Jeder, der hier sein Ziel hatte, hat sie sich erarbeitet. Verdient. Verdient Respekt.

Stopp-Taste an der Suunto.gedrückt.
4:11h 😢

Ich schleiche zum Bus.
5 Minuten muss ich die fröhlichen Menschen, Finisher, aushalten.
Dann schließen sich die Türen.
Und meine Pforten öffnen sich ...
Die Tränen schießen.
Ich sollte nicht hier im Bus sein.
Ich sollte da draußen sein.
Nicht wegfahren.
Sollte laufen.

Ich muss mich hocken.
Kann nicht stehen.
Die Beine geben nach.

Jemandem fällt es auf und kommt zu mir. "Ist alles in Ordnung? Kann ich helfen?" 
Nein! Nichts ist in Ordnung. Aber helfen kannst du mir nicht. So leid es mir tut. So sehr freut es mich auch.

Die Fahrt scheint nicht vergehen zu wollen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir am Sportzentrum ankommen.
Ich springe aus dem Bus und laufe zur Sporthalle.

Corinna hatte meinen Post gelesen und nach mir gefragt. Sie sei auch schon da.
In der Halle fingen wir uns auf. Wie unsere Handgelenke verrieten, haben wir eine Gemeinsamkeit ...


Nach der heißen Dusche und einem sehr verständnisvollem Gespräch ging es uns, mir auf jeden Fall, deutlich besser und ich machte mich auf den Heimweg. Dankeschön Corinna ...

Einen Vorteil hatte der Abbruch auf jeden Fall: ich würde unsere Tochter noch sehen, die zu Besuch ist, denke ich 💕

Zu Hause angekommen, mit der Herzdame die Erlebnisse vom Sonnabend geteilt und nach einem leckeren Carbo-Loading mit sehr gesundem 2015er-Traubensaft 😊 ging es dem Gnü schon wieder sehr viel besser.


Damit haken wir das ab. Werden schön waiten und watchen und weiter latschen 😁 #LaufenIst(Über)leben

Ich danke allen von ganzem Herzen der Nachfrage und für das Lesen meines Blog, was ja nicht nur ein HippHippHurra-Blog ist, sondern ein bisschen Tagebuch.
Und es ist einfach nicht jeder Tag Friede, Freude, Sonnenschein.

Macht´s alle gut, bleibt schön und gesund und wenn ihr mir einen Kommentar hinterlasst freue ich mich noch mehr.

Euer Gnü aus Zü

13 Kommentare:

  1. Lieber Peter, genau abhaken ist wohl das Beste für dich, vergessen, was war, es hinnehmen, wie es ist - wie du sagst, es ist nicht alle Tage Friede, Freude, Eierkuchen, jeder von uns weiß wohl, was das bedeutet.

    Lass dich umarmen, sei nicht traurig, glaube an das Gute und bleibe optimistisch, auch wenn es manchmal grau in grau ist, du kannst das, dein Lachen auf dem letzten Foto beweist es.

    Wünsche dir viel Kraft und den Glauben ans Gute.

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    1. Dankeschön, liebe Margitta.
      Ja, es ist schon vorteilhaft ein positiv denkender Mensch zu sein.
      Trünsal blasen ist nicht zielführend.

      Ich danke dir von Herzen für deine lieben Worte.

      Liebe Grüße ans Meer, noch mehr 😉

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  2. Hey Peter, ich drücke dir die Daumen.
    Du weißt, das ganze Leben besteht aus Wahrscheinlichkeiten und Zufällen...
    ...von den meisten wissen wir gar nichts. Das Auto, welches den Fußgänger nur knapp verfehlt, weil der Fahrer einen Hustenanfall kriegt, war vielleicht auch eine 1:100000 - Wahrscheinlichkeit.
    Was ich so unbeholfen versuche zu sagen ist, dass die Zukunft unbekannt ist und bleibt, ganz egal wie die Chancen für was auch immer stehen.
    Halte die Ohren steif und mach dein Ding.
    Ligrü.Oliver.

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    1. Dankeschön, Oliver.
      Das mache ich natürlich 😀
      Ja, wenn wir alles immer im Voraus wüssten ...
      Was hielte das Leben uns dann noch für Überraschungen bereit?

      Alles Gute für deine Familie und dich

      Peter

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  3. Lieber Peter, ich drücke Dich ganz lieb. Dein schöner Bericht hat mich nachdenklich gemacht.Ich drücke Dir ganz feste die Daumen.
    Liebe Grüße aus dem Südwesten
    Ute

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    1. Dankeschön, Ute.

      Nicht so viel Grübeln 🙂

      Liebe Grüße
      Peter

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  4. Lieber Peter,leider haben wir uns am Sonntag nicht getroffen. Ich hätte Dich sehr gerne kennengelernt,aber was nicht ist wird noch werden!Ich finde deine Worte hier sehr mutig und ich hoffe,dass sich für Dich in der nahen Zukunft wieder alles zum Guten wendet und wir hier noch sehr viel von dir zu lesen und zu sehen bekommen.
    In diesem Sinne wünsche ich Dir alles Gute und ganz viel Kraft!
    Liebe Grüße aus Bochum
    Andreas ������‍♂️

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    1. Leider hat es nicht geklappt, Andreas.
      Ich hatte mich auch sehr darauf gefreut und bin noch mal extra die Starterliste durchgegangen.
      Klappt halt wo anders.

      Soviel noch: zum guten wenden wird sich nichts ...
      Es ist und bleibt ewig.

      Liebe Grüße
      Peter

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  5. Lieber Peter,

    ich folge dir aus der Ferne, die Treffen sind schon ewig her. Einen Lauf nicht gefinisht - so what. Es kommen neue Herausforderungen. Du bist ein zielstrebiger ehrlicher Kerl und du bist Kämpfen gewöhnt! Das Leben und die Zukunft ist ungewiss und offen. Es geht immer weiter und weiter. Wie sagt ein altes Sprichwort "Der Mensch plant und Gott lacht". Es gibt noch soviel lecker Kuchen der gegessen werden muss und soviel Latte der getrunken werden muss und soviel Wege die noch gelaufen werden wollen. Gehe es an! Wir sehen uns hoffentlich demnächst und dann wieder und wieder und wieder....

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  6. Hallo Thomas,
    :-)
    Das mit dem Kuchen stimmt ohne Zweifel. Wer soll sich sonst so aufopfernd der Herausforderung stellen, wenn nicht ich?
    :-)
    Dankeschön, dass du mich so siehst. Es freut mich sehr.

    Es ist ja nicht nur der unbeendete Lauf, aber es geht weiter.
    Wie du sagts: immer weiter ...

    Ich würde mich sehr freuen, wenn es in 2018 an der Müritz mal wieder mit uns klappt

    Bis dahin und dir auch alles Gute
    LG
    Peter

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  7. Ach Peter,

    jetzt habe ich ja eine Runde mit dir gelitten. Abhaken. Das kann man vermutlich nur so machen.

    Danke deshalb um so mehr für diesen Bericht. Ich hoffe, du hast dich schon erholt. Viele Grüße.

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  8. Abhaken und akzeptieren ist die einzige Möglichkeit 😔

    Mein Blog ist mein Ventil, meine Gedanken zu verarbeiten.
    Von daher geht's wieder gut.

    Dankeschön Din für deine Worte.
    Liebe Grüße zurück

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  9. Hi Peter,
    Da schau ich nach langem mal wieder auf den Blog und dann...
    Ich wünsch dir, dass du den Kopf wieder frei kriegst, denn es bringt na nichts sich von ungewissem runterziehen zu lassen. Aber immer ist es nicht möglich...
    Ist aber echt blöd, wenn man das nicht zu Ende bringt für das man gestartet ist - vor allem wenn alle anderen glauben das wäre es und dann noch jubeln. Das muss doppelt hart sein. Läuft mit mehr Abstand zu Diagnose und Vortrag bestimmt besser. Ganz bestimmt!

    Mein Fuß zickt immer noch rum. Daher kein Laufen - und irgendwie schaffe ich es nicht Radfahren als Sport zu sehen. Ich hatte zu lange kein Auto und das Auto war für mich ein Fortbewegungsmittel von A nach B und kein Sportgerät. Alles Kopfsache - aber den zu beeinflussen ist schwierig, aber machbar. Bestimmt!

    Viele Grüße aus Bayern

    Claudia / ClaoWue

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