Montag, 1. August 2016

Mut oder Extremist?


Wie oft muss ich mich fragen lassen, ob das alles nicht ein bisschen extrem sei, was ich tue?

Das 1. Halbjahr ist "abgelaufen" und wie ich im letzten Post übers Glück schrieb, auch sehr erfolgreich, und so manches Mal frage ich ich mich, wie das alles geht.
Sind es nur die Gene? Ist es Außergewöhnlich? Ist es eine höhere Macht?

Oder einfach nur mutig? Mut, etwas Neues zu probieren. Die Komfortzone zu verlassen, Grenzen zu überschreiten, zu testen, was geht, ohne zu weit zu gehen.

Im Juli 2015 habe ich meine bis dahin längste Tour mit dem Rennrad gemacht. 180 km waren es und ich war super glücklich, es geschafft zu haben.
2016 habe ich am 24-Stunden-Lauf in Dresden teilgenommen und meine längste Laufdistanz über 111km absolviert.
Alles ein bisschen Irre, unvorstellbar. Undenkbar vor 5 Jahren, als ich die letzte Kippe wegschnippste und mein Leben umkrempelte.

Aber Extremist?
Dieses Jahr nun die Steigerung zu meiner Tour aus 2015.

2 Wochen habe ich die (Lauf-) Füßchen still gehalten und ihnen Ruhe gegönnt. Stattdessen das Rennrad gequält, mit nur einem Ziel: die Lauf-Regeneration mit einem, für mich, besonderem Highlight abzuschließen.
Die Tour aus 2015 nach Bad Berleburg sollte um ein paar Kilometer verlängert werden. 200 km sollten auf der Suunto stehen. Das war das Ziel. Egal, was das Wetter meinte. Egal, ob sich jemand anschließen würde. Das Ziel stand!

In der vorletzten Woche habe ich es leider vergeblich versucht. Gewitter ist ein schlechter Begleiter über 200 km. Wir wollen uns ja nicht umbringen 

Also dann dieses Wochenende ein erneuter Versuch. Egal, was kommt!

Der Wettergott meinte es gut und obwohl es zum Weckerklingeln noch regnete, kroch ich aus dem Bett, verschnabbulierte mein Power-Müsli aus Bananen, Haferflocken, Aprikosen, Rosinen, Chia-Samen und Soja-Milch und machte mich, mit neuen Überschuhen und Windjacke auf den Weg.
Bereits in Fritzlar war es zu warm und ich bereute die zu dicke Schicht 



Noch mal schnell am Bonifatius in Fritzlar vorbei, dem Glockengeläut des St. Petri gelauscht und ab zum Treffpunkt.

Aus 6 gemeldeten wurden dann noch 2 Mitfahrer und so machten sich Thorsten, Christian und ich auf den Weg.
Der Opa der Idee hatte die Strecke bereits in der Woche dienstlich abfahren können und so wussten wir, dass die Strecke baustellenfrei sein wird.
Die jungen Wilden vorn weg und der alte Herr hinterher 


vor Anraff
Unser Motto: "wer rast fliegt!" haben wir gut gehalten und auch wenn wir unterwegs das eine oder andere Mal die Kurbeln mächtig kreiseln ließen, blieben wir bis zum Schluss beisammen.

Wir fuhren in Richtung Edersee, bogen ins Wesetal ab und erklommen die ersten Höhenmeter bis Frankenau. 
Weiter ging es nach Frankenberg und wir nahmen, wenn es ging, meist den Radweg, auch wenn das einer nicht sooo toll fand :-)))

Solange wir im Landkreis der KB-Nummerschilder waren, ging unser Puls immer mal wieder hoch, denn einige Zeitgenossen fanden es wohl total bescheuert, dass die Spinner nebeneinander fuhren. 樂
Winke winke und im Kreis Siegen-Wittgenstein wurden wir nicht ein einziges Mal angehupt. Spricht irgendwie für´s Sauerland 

zwischen Dodenau und Elsoff
Die Straßen wurden ruhiger und die Sonne kam raus. Seltsamerweise mit ihr auch der Gegenwind 樂
Und nicht nur der. Auch mein Tretlager fing an zu stöhnen, je weiter wir uns aus den heimatlichen Gefilden entfernten. Was sollte das denn?
Thorsten und Chris waren etwas genervt, konnten mich aber so wenigstens nicht mehr verlieren 


Wer möchte darf gern dem Knarren lauschen 

In Dotzlar hatte sich der Gnü noch mal ne ganz besondere Gemeinheit ausgedacht und bog in Richtung Bad Laasphe ab, um in Sassenhausen noch ein richtiges Brett zu erklimmen.
Nicht weil ich ein besonders guter Bergfahrer bin, sondern weil man oberhalb von Sassenhausen und Weidenhausen eine phantastische Sicht zurück ins Edertal hat und nach vorn in die Höhen des Sauerlandes.


auf 625 müNN
Weiter ging es in rasanter Fahrt hinunter zur B480 und nach knapp 3 Kilometern hatten wir das Ziel Bad Berleburg und Kaffeestopp in der Bäckerei und Konditorei Wahl erreicht und die 100 km auf der Uhr 

Zwischenstopp und Kalorien vernichten
Nach ausreichender Rast machten wir uns auf den Heimweg und auch mein Tretlager schien zu merken, dass es Richtung heimatlichen Keller gehen sollte: es knarrte nicht mehr! 樂

Irgendwie fingen die Kollegen an zu maulen, geht es denn nur noch bergauf? Jupp. die nächsten 10 km auf jeden Fall 

immer bergauf :-)))
Dafür wird man oben aber mit einer sensationellen Aussicht belohnt.


Oben
Und nicht nur die Aussicht. Wir hatten hier auch de höchsten Punkt unserer Reise erreicht: 690 müNN und damit hieß es eigentlich nur noch bergab 
Wir schossen förmlich hinunter nach Hallenberg und bogen wieder ab ins KB-Nummernschild-Land was uns auch gleich wieder durch Hupen in Erinnerung gebracht wurde.

Der Rückweg verlief fast identisch zur Hinfahrt.


abwärts im Wesetal
In Bergheim verabschiedeten wir uns von Christian, er bog nach Wolfhagen ab, und Fauli und ich fuhren weiter nach Wellen, um in der Tanke die Wasserflaschen aufzufüllen.
Hier kam mir die Idee: Warum 200km? Warum nicht 222,2 in Anlehnung meiner 111 Treppenrunden und 111 km in Bödefeld?
Du hast ne Macke und doch war die Idee schon zum neuen Ziel gereift 

Am Abzweig Rothelmshausen trennten sich dann Fauli und ich. Er fuhr weiter nach Wabern auf der Bundesstraße und ich folgte dem Radweg, fast parallel.
In Wabern hatte ich dann die magische 200 erreicht.



Weiter.
Ab hier wurde es dann ein wenig schwerer: Gegenwind und das Alleinsein sind nach den schnell verflogenen ersten 200 km nicht zu unterschätzen.
Und doch gab es keine Wiederrede: Das Ziel stand und ich muss sicherlich nicht sagen, dass ich es auch erreicht habe. 



Wer möchte, findet alle Details zur 222km-Tour bei Klick aufs Bild
In Summe waren es 2357 Höhenmeter, 5127 verbrannten Kalorien und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 26,7 km/h sowie einer Höchstgeschwindigkeit von 77,8 km/h 樂

Wir haben unterwegs viel gequatscht, über dies und das. Ob das alles gut ist, was wir tun, oder nicht etwas extrem.
Was ist extrem?
222 km Radfahren?
9  Stunden an der frischen Luft bewegen?
12 Stunden einen Fuß vor den anderen zu setzten und neue Grenzen erfahren und überschritten zu haben?
6 Stunden Fern zu sehen?

Ich bin der Meinung, dass man sich immer wieder neue Ziele setzen sollte.
Ich kenne so viele, die Laufen und Laufen und Laufen. Am Ende stellen sie fest, dass das langweilig ist und lassen es sein. Andere fahren täglich Rad und dann? Wozu?
Ist es nicht sinnvoll, sich ein kleines Highlight zu setzen? Ein besonderes Ziel? Einen Wettkampf vielleicht? Es muss ja kein Marathon sein. Ein erster Volkslauf tut es doch auch. 5 km, 10 oder vielleicht sogar 20.
Eine RFT (RadTourenFahrt) an einem besonders schönen Ort vielleicht. Eine besonders schöne Gegend, eine besondere Landschaft, einen Traum verwirklichen. Ein bestimmten Ort mit dem Rad "erfahren"!

Heute habe ich mit einem Freund telefoniert. Ein neuer Kollege von ihm fühlte sich unwohl und ist auf drängen hin zum Arzt gegangen. Diagnose: Leukämie. Und nun?
Ist es also nicht doch ratsam, sich die Zeit zu nehmen und seine Träume zu realisieren? 

Ist es dumm, 222 km Rad zu fahren? Ist es dumm 111 km zu laufen? Ist es Extrem?
Was ist Extrem?

Ich danke euch für das Lesen meines Blog, wünsche euch alles Glück dieser Erde, bleibt vor allem Gesund, mir gewogen und denkt immer daran:
Wer sich bewegt, bewegt was!

In diesem Sinne starte ich ab heute ins Training für das 2. LaufHalbJahr und freue mich, wenn ihr wieder kommt.

Mit sportlichen Grüßen
Euer Gnü aus Zü

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